[TYPO3-UG Oesterreich] Typo3 und Moodle
Richard Rode
richard.rode at univie.ac.at
Mon Jul 27 14:10:24 CEST 2009
Liebe alle,
auf einer Moodle-Konferenz im Herbst 2005 habe ich einen Vortrag von
einem der vielen selbst ernannten Moodle-Gurus und -Berater gehört.
Darin hat er gemeint, der Content müsse unbedingt von der Lernplattform
(LMS) getrennt verwaltet werden.Deshalb bietet er immer ein CMS in
Verknüpfung mit Moodle an. Seither habe ich Minderwertigkeitskomplexe,
weil in den LMS der Uni Wien Gigabytes an Content herumschwirren und
keiner überlegt sich ein besseres Konzept. Zu Ostern dieses Jahres bin
ich vom eLearning- ins Typo3-Team gewechselt, aber eine realisierbare
Idee, wie man beide Systeme verbinden kann, habe ich deshalb auch nicht,
nur das schlechte Gewissen wird größer.
Auf der anderen Seite gibt es in den eLearning-Foren und -Wikis bei uns
aber auch keine Anfrage dazu. Wenn ein Vergleich gestattet ist:
Nehmen wir mal an, du wärmst dir öfters dein Essen oder kaufst
Fertignahrung und stellst fest, dass dir das am Herd immer anbrennt und
nicht schmeckt. Irgendwann kaufst du dir dann eine Mikrowelle und die
wirst du dann auch verwenden. Auf der anderen Seite kann aber auch sein,
dass du von deiner Tante eine alte Mikrowelle erbst, aber du kochst
immer frisch und dann steht das Zeug in der Küche und du kannst damit
nichts anfangen.
Systemadministratoren oder deren Vorgesetzte bis hoch zum Rektorat einer
Uni überlegen sich oft, was technisch möglich ist, installieren das dann
oder lassen installieren und „schenken“ es quasi ihren Usern, die dann
so wenig damit anfangen können wie mit einer geerbten Mikrowelle.
Single-Sign-On ist oft so ein Ding:
Die Uni Wien verwendet Shibboleth. Wer mag, soll mich anschreiben. Ich
kann gern einen auf ein paar Wochen zeitlich begrenzten Testaccount
vergeben. Damit könnt ihr auf die Lernplattformen der Uni zugreifen, in
den Schulungszentren habt ihr auch Testkurse. Man klickt z.B. auf
Fronter, loggt über Shibboleth ein, klickt dann in Fronter auf einen
Moodle-Link und muss in Moodle nicht noch einmal einloggen. Nur: Man
kann jedes einzelne Moodle-Tool immer direkt verlinken. Wenn man nicht
authentifiziert ist, muss man einloggen und wird dann weiter geleitet.
Das heißt, die User sparen sich durch Shibboleth nur eine weitere
Passworteingabe pro Sitzung, was den meisten, soweit ich gehört habe, eh
egal wäre. Eine gemeinsame LDAP-DB, damit Username und Passwort für alle
Tools gleich sind, reicht den Leuten.
Mir fallen nur zwei Gründe ein, warum es praktisch sein könnte,
Lern-Content in Typo3 zu verwalten und dann aus Moodle heraus zur
Verfügung zu stellen:
Erstens: Man muss den Content nur einmal warten und kann ihn aus
mehreren Kursen heraus verlinken. Das spart Arbeit und Platz. Wenn es
aber wirklich nur darum geht, würde ich mir in Moodle die Funktionsweise
der Metakurse anschauen. In Metakursen registriert man keine User,
sondern weist Tochterkurse zu, aus denen dann die Rechte geerbt werden.
Die Kunstgeschichte hat bei uns über 5 GB Content mit einem riesigen
Bilderarchiv, der so nur einmal in Moodle abgelegt ist und jedes Semster
in neuen "Tochterkursen" zum Einsatz kommt. Die Leute haben zwar
zusätzlich zum aktuellen Kurs den Content-Kurs auf ihrer Kursliste, aber
um die Verwaltung der Studierenden muss sich niemand kümmern, das macht
Moodle.
Zweitens: Man kennt sich mit Typo3 gut aus und möchte diese Features
verwenden, um gemeinsam Content auch fürs eLearning zu erstellen. Das
ist der einzige Grund, den ich akzeptieren würde. Was dafür vorhanden
sein sollte, ist meiner Meinung nach Folgendes:
1. Lehrende, die Moodle verwenden und sich mit dem Typo-Backend
auskennen. Außerdem natürlich umfangreicher Content, der aufbereitet
werden muss.
2. Ein Typo-Design, das das Frontend an das jeweilige Moodle anpasst
(ist rein kosmetisch, aber sollte auch nicht wirklich ein Problem sein).
3. Irgend eine Form von Single-Sign-On. Notfalls auch ein gemeinsames
LDAP, die User können notfalls auch zweimal pro Sitzung einloggen.
4. Eine Schnittstelle, die entscheiden kann, ob der User berechtigt ist,
den entsprechenden Content zu sehen. Einen Ansatz dazu sehe ich bislang
nirgends, das wird wohl in jedem Fall zu programmieren sein. Entweder
man siedelt das aus, sprich die Teilnehmer/innen einer LV sind z.B.
jeweils eine eigene Gruppe in LDAP oder Shibboleth, und sowohl Typo3 als
auch Moodle holen sich diese Infos von einer dritten Seite. Oder man
schafft eine Möglichkeit, dass Typo3 bei Moodle anfragen kann, ob der
jeweilige User berechtigt ist, den Typo3-Inhalt zu sehen. Wie das in
Typo aussehen kann, weiß ich noch nicht genau, aber in Moodle würde ich
ein kleines Modul programmieren. Das heißt dann z.B. Typo3-Content und
steht bei den Arbeitsmaterialien zur Auswahl. Da gibt der Lehrende dann
die Typo3-ID der Startseite ein. Außerdem gibt es eine kleine
Schnittstelle, wo Typo z.B. per http-Request nachfragen kann, ob der
jeweilige User berechtigt ist, diesen Content zu sehen. Moodle bestimmt
dann von sich aus, ob diese Instanz des Moduls an Gruppenfreigaben
gebunden ist, gerade ausgeblendet ist oder ähnliches. Dabei kann ich
gern helfen. Den Moodle-Code kenne ich besser als Typo3 und ich traue
mir auch zu, das Moodle-Modul zu schreiben. Die Installation der Uni hat
mehrere Module, die von mir sind, ohne Probleme laufen und oft viel
komplexer sind, als diese eher leichte Aufgabe. In Moodle gibt es aber
auch eine Übersicht, wo man ablesen kann, wie oft ein Tool eingesetzt
wird. Das beginnt bei einstelligen Zahlen für Module, die im Moodle-Kern
vorhanden sind, aber nicht viel taugen und nur ausgetestet werden, bis
zu fünfstelligen Zahlen z.B. bei den Arbeitsmaterialien. Und da fürchte
ich, dass ein Typo3-Modul nur selten eingesetzt würde, weil bislang kaum
jemand Bedarf danach geäußert hat.
Damit wären wir wieder beim Anfang und kommen, bevor ich zu viel
schwafle, auch gleich zum Schluss. Zunächst ist einmal, wie Kurt schon
gesagt hat, der Bedarf quantitativ und qualitativ zu klären. Unter
Umständen sind die Inhalte nämlich auch komplett frei von rechten
Dritter und können ohne Probleme offen im Netz stehen. Dann reicht es,
ein passendes Design anzufertigen und man kann sich Punkt 3 und 4
sowieso sparen. Oder es reicht vielleicht, wenn man eine gemeinsame
Authentifizierung hat, und die differenzierten Rechtevergaben der
Plattform interessieren nicht, weil sowieso jeder den Content lesen
darf, der einen Uni-Account hat. Bevor man nämlich viel Zeit darin
investiert, eine Mikrowelle zu entwickeln, die man dann jemandem
schenkt, der sie nicht braucht, kann man die Zeit auch im Schwimmbad
verbringen. Auf der anderen Seite bauen die Leute auch Autobahnen quer
durch die Landschaft, die zunächst niemand braucht, und nach ein paar
Jahren fahren dort Autos. Ich habe den Punkt Moodle-Typo3-Verknüpfung
zwar nicht ganz oben auf meiner To-Do-Liste, aber einem geschenkten
Barsch schaut man bekanntlich auch nicht hinter die Kiemen. Wenn jemand
den Typo3-Teil übernimmt, kann ich mir gern die Moodle-Seite anschauen.
Eine Testumgebung finden wir sicher auch noch.
Herzliche Grüße
Richard Rode
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