[TYPO3-german] Google Analytics im Visier der Datenschützer

Stephan Schuler Stephan.Schuler at netlogix.de
Thu Jan 13 23:11:31 CET 2011


Hallo zusammen.


Dass die Diskussion über "was will Google" und "was wenn Google böse wird" ist offensichtlich eine recht interessante, sie ist aber auch schon recht alt.
http://video.google.com/videoplay?docid=-7704588734655107458
Wenn man vergleicht was vor drei Jahren als böse Datensammelei aufgeführt wurde und was heute kommentarlos zum Alltag gehört hat sich die Gesellschaft schon sehr verändert.

Mehr zu "was wenn Google böse wird" nach meiner Meinung zu den jüngsten Ereignissen, ich will diese nur nicht unnötig länger aufschieben.


Zur aktuellen Situation.

Dieser Hamburgische Dateschutzmensch hat einige Kritikpunkte am aktuellen Google Analytics, Google dagegen stellt sich auf den Standpunkt, hier sei schon alles in Ordnung. Insbesondere wird die rechtliche Situation und die Tatsache angesprochen, dass nicht Google als Analysedienstanbieter sondern der einzelne Webseitenbetreiber dafür verantwortlich ist (wohl, weil in erster Linie er die Daten seiner Kunden weiterreicht, was aber ebenfalls keine große Rolle spielt). Und genau dieser Punkt sollte für uns hier heruasgehoben werden. Ob oder ob nicht der Google-Dienst "Analytics" zulässig ist brauchen wir eigentlich nicht weiter zu erörtern, das wird Herr Caspar vermutlich letztendlich im Rahmen einer richterlichen Entscheidung feststellen lassen. Insofern bleibt uns hier aktuell nur eine Risikobewertung (werden wir oder werden wir nicht Opfer/Teilnehmer enes einer angestrebten Musterprozesses). Hier die gleiche Diskussion zu führen die Herr Caspar mit Google führt wird uns jedenfalls einer Lösung nicht näher bringen wie sich Google und Caspar bereits gekommen sind.

Aus unterschiedlichen Quellen liest man unterschiedliche Punkte. Nachdem ich die Situation zur Zeit noch teilweise ähnlich sehe wie Lars (die Aussagen von Herrn Caspar sind wohl nicht völlig aus der Luft gegriffen, aber eben auch keine Neuigkeit) hab ich die unterschiedlichen Quellen teils nur überflogen. Den großen Reim drauf kann ich mir auch machen, ohne dass 20 Redakteure die Aussage eines engagierten Datenschützers bewerten und kommentieren.

Die Kritikpunkte (die ich zumindest rechtlich nachvollziehen, wenn auch selbst nicht ganz befürworten kann) sind meines Wissens:
* Es haben zu wenige Menschen die reale Möglichkeit auf ein Opt-Out (Browserspezialisierung bei OptOut-Buttons)
* IP-Adressen werden nicht zwingend verkürzt übertragen
* Die Daten gehen grundsätzlich in die USA
* Google möchte mit seinen Kunden keine ADV treffen wie sich Herr Caspar vorstellt dass der gesetzliche Rahmen in Deutschland fordert

Einen OptOut-Button halte ich persönlich für minestens fragwürdig. Natürlich muss den Gesetzgeber nicht interessieren, wie eine per Vorschrift erzwungen Lösung tatsächlich realisiert ist. Ich stelle mir nur vor: Ich will nicht, dass meine Daten via Google Analytics getrackt werden. Meine IP ändert sich mindestens täglich. Heißt das, dass ich zwingend den Google-Tracking-Cookie erlauben muss und ein Google-Konto besitzen durch deren Verknüpfung die Google Analytics-Datenbank dann ermittelt, dass ausgerechnet mein Klick nicht gespeichert werden soll? Insbesondere stelle ich mir dann auch die Frage, ob sich ein bewusstes Out-Out aus dem Google-Analytics-Netz (generell: Benutzerprofilierung und dadurch zielgerichtete Werbung, was bei durchgeführter Nichtteilnahme wohl statistisch geringere Werbeeinnahmen durch mich bedeutet) auf die Qualität meiner Suchtreffer auswirkt. Nachdem Google meine Suchergebnisse auch inhaltlich personalisiert (Google weiß ja, was ich in den letzten Jahren gesucht habe) muss Google nicht mal bewusst böse werden um eine schlechtere Qualität der Suchergebnisse zu produzieren, es könnte schlichtes Resultat der technischen Gegebenheiten sein.

Die Verkürzung der IP-Adressen ist gleichermaßen Fluch und Segen. In diesem Zusammenhang steht die geolokalisierung der Besucheranzeige im Analysetool. Die letzten beiden Zifferngruppen zu entfernen (so meines Wissens die von Google implementierte Variante) bedeutet effektiv, dass sich nicht einmal das Bundesland meiner Besucher sinnvoll ermitteln lässt. Wer zielgerichtet Inhalte veröffentlicht und anhand der erfolgten Suchergebnisse seine zukünftigen Veröffentlichungen so plant dass er möglichst genau seine Zielgruppe erreicht, wird die fehlende oder nicht mehr zuverläsige Geolokalisierung sicher vermissen. Herr Caspar kritisiert, dass der Webseitenbetreiber die Verkürzung bewusst aktivieren muss und häufig weder von der Möglichkeit noch von der Notwendigkeit weiß. Hier stimme ich ihm zu: Wenn es ein entsprechendes
Gesetz gibt, könnte Google dem auch völlig ohne Nutzerzutun Folge leisten und grundsätzlich alle IPs verkürzt speichern, die in Deutschland beheimatet sind.


Zum Schluss möchte ich noch kurz die Idee kommentieren, eine lokale eigene Alternative zu Google Analytics auf einem eigenen Server zu betreiben.

Grundsätzlich ist man natürlich verpflichtet, die gleichen rechtlichen Rahmenbedingungen zu erfüllen wie es auch Google muss. Wenn die Speicherung von IP-Adressen nur in reduzierter Form zulässig ist dann muss ich das auch tun. Das betrifft sowohl Apache-Access-Log als auch ggf. zusätzlich verwendete Analysesoftware. Wenn das erreicht ist: Warum nicht.

Allerdings muss man sich auch die nicht unerheblichen Möglichkeiten vor Augen halten, die Google mit Analytics bietet. Es stellt schon eine nicht zu unterschätzende SEO-Aufgabe dar, den eigenen Google-Analytics-Account entsprechend sinnvoll zu konfigurieren, die Konfiguration aktuell zu halten und die eigene Seite ständig so zu verändern, dass die Analyse dadurch möglichst die gewünschten Informationen liefert. Wenn ich beispielsweise wissen möchte, wie viele meiner Newsletteranmeldungen im letzten Jahr durch den kreisrunden Button auf meiner Startseite erfolgt sind, wie viele durch den Link in der Lightbox der Kontaktseite und wie viele durch die unauffällige Fußnote auf jeder Seite, wenn mir also zur Auswertung einer bestimmten Benutzeraktion der Bewegungsverlauf des Benutzers auf der Webseite wichtig ist (nicht weil ich meine Benutzer verfolgen möchte sondern weil mir nur so unterschiedlich erfolgreiche Marketingmöglichkeiten für das selbe Ziel auffallen) tu ich mich schon recht schwer, das selbst zu implementieren. Klar *kann* man das mit endlichem Aufwand machen. Google Analytics hat da aber sicherlich einige tausend Softwaredesigner- und -entwicklertage Vorsprung. Auf die Schnelle wird man da keine brauchbare Eigenlösung auf die Beine stellen können.
Es gibt in der Hinsicht zwar halbwegs brauchbare Alternativen. Piwik wurde ja schon angesprochen. Aber realistisch: Nach Analytics kommt erst einmal ganz lange nichts, alle mir bekannten Alternative sind keine ernsthafte Konkurrenz zu Google Analytics.


Mir fällt -- auch wenn das jetzt nicht hier hin gehört -- ein Spruch von Hagen Rether ein, der zum Thema Glühbirnen und Energiesparlampen sinngemäß sagt: Den Dreck kauft doch keiner. Doch, wir verbieten einfach die alten. Piwik zu Analytics ist fü rmich wie Energiesparlampen von vor 10 Jahren zu Glühbirnen: Leuchten auch, aber eben keine ernsthafte Alternative. Kann sich aber mit der Zeit ändern, insbesondere wenn man den gesetzlichen Druck erhöht.


Zum Schluss noch wie angekündigt meine Haltung zur Frage, ob Google böse ist.

Ich hate Google für ein äußerst zielstrebiges und inovatives Unternehmen. Google macht Geld in erster Linie mit Werbung und ist darin deshalb so erfolgreich, weil es seine Besucher kennt. Die Benutzerprofilierung ist, könnte man sagen, das Kapital. "Das Internet downloaden kann jeder mit genügend viel Netzwerk". Google hat aber mit den recht exakten Benutzerdaten deutlich mehr in der Hand als nur eine Kopie aller im Internet veröffentlichten Informationen: Nämlich auch eine Menge Informationen, die nicht direkt veröffentlicht sind sondern die sich erst durch Verknüpfung von Fakten ergeben.

Das wohl letzte das Google will dürfte sein, dieses Kapital aus der Hand zu geben. Ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich, dass Google seine Daten veröffentlicht. Dazu sind die einfach zu wertvoll.

Ein weiterer Aspekt von Googles Erfolg ist aber auch, dass ihm alle Welt vertraut. Image. Wenn bekannt würde, dass Google mit diversen Regierungen zusammenarbeitet und detailierte Informationen über einzelne Benutzer veröffentlicht wäre dieser Rufrecht schnell im Eimer, und kurz danach die Werbeplattform. Deshalb gehe ich davon aus, dass Google auch aus dieser Sicht ein wirtschaftliches Interesse daran hat, dass meine Daten geheim bleiben.

Viel gefährlicher finde ich in der Hinsicht die Google-Konkurrenz die sicherlich ähnliche Informationen erhebt, die aber nicht so präsent sind wie Google. United Internet wurde hier schon angesprochen. Im Vergleich mit Googlemail hat der GMX-Maildienst exakt die gleichen Möglichkeiten und auch andere Suchdienstanbieter betreiben Werbenetzwerke. Dass die Google-Konkurrenz mit ähnlichen Möglichkeiten wie Google diese nicht nutzen würde glaubt wohl niemand.


Grüße,




Stephan Schuler
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-----Ursprüngliche Nachricht-----


Von: typo3-german-bounces at lists.typo3.org [mailto:typo3-german-bounces at lists.typo3.org] Im Auftrag von Kay Strobach
Gesendet: Donnerstag, 13. Januar 2011 15:24
An: typo3-german at lists.typo3.org
Betreff: [TYPO3-german] Re: Google Analytics im Visier der Datenschützer

Hi,

> das ist mir alles bekannt, danke für die Hinweise. Glaube mir, ich kenne mich sehr gut mit der Technik und den Zusammenhängen aus. Es geht doch aber um etwas Anderes. Was um Himmels Willen kann ich mit der Information anfangen, dass User XY mit der IP XX GMail nutzt?
>
> Setzen wir das mal in die Praxis um:
> Der User Max Mustermann geht von der Uni mit der IP 123.123.123.123 ins Netz und bemüht seinen GMail-Account. Nun geht er auf eine Seite mit GA. Google weiß nun, dass der User Max Mustermann auf Seite XY war.
> Hier greift die Eigenverantwortung des Nutzers. Soll er eben keinen GMail-Account nehmen, dann wird es die direkte Verknüpfung zu Google, seiner Person und seiner Adresse nicht geben können.

Problem bei Google ist die Zusammenführung der Dienste.

Grüße
Kay
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